Karl-Holtz-Ausstellung [KHA 1981.3]
Börsenblatt 148 (1981) Nummer 47, Seite 928-929
bbb Im Staatlichen Lindenau-Museum Altenburg war in der Zeit vom 5. Oktober bis zum 15. November 1981 eine Ausstellung zu besichtigen, die dem frühen Schaffen des Malers, Grafikers und Illustrators Karl Holtz (1899 - 1978) gewidmet war. Die großzügig gestaltete Exposition, zu der auch ein informativer Katalog mit Textbeiträgen von Dieter Gleisberg / Helmar Penndorf und Wolfgang U. Schütte vorlag, wies darauf hin, daß Karl Holtz von der Kunstwissenschaft bislang unterbewertet wurde.
Dank der Bemühungen des Eulenspiegel Verlages und der Lektorin Sonja Schnitzler, die sich sehr um das Werk von Holtz verdient machte ("Holtz-Auktion", "Aus der Holtz-Kiste", "Acht bunte Blätter"), wußte man von der Handschrift des Karikaturisten, doch daß Holtz auch ein Maler von Rang war, ein exzellenter Zeichner und Lithograph - das machte erst diese Ausstellung so recht deutlich. Seine besten Werke knüpfen an die seiner Zeitgenossen Otto Nagel und Käthe Kollwitz an, zahlreiche proletarische Bildinhalte, vornehmlich von Arbeitern aus den frühen zwanziger Jahren, legen davon Zeugnis ab.
Doch nicht nur wegen dieser Neuentdeckung, denn so muß die Ausstellung gewertet werden, interessiert uns Karl Holtz, der übrigens in seinen letzten Lebensjahren dem Börsenblatt freundschaftlich verbunden war und uns so manche Karikatur zum Thema Buch und Leser zum Abdruck überließ. Das für Buchhändler und Verleger Interessante an der Exposition ist die Tatsache, daß auch des Buch- und Plakatkünstlers gedacht wurde. So waren - als Fotokopie -mehrere Titelseiten der linken Zeitschrift "Die Aktion" zu sehen und Original-Plakate, die er für "Die Rote Fahne" (KPD) und "Die Freiheit" (USPD) schuf. Ausgelegt waren auch verschiedene Exemplare der illustrierten Zeitschrift der USPD "Die freie Welt" bzw. "Freie Welt", für die er Titelzeichnungen schuf.
Seine enge Verbindung zu linksgerichteten Verlagen ist in einer Vitrine sichtbar gemacht worden. Vermutlich dürfte er der erste deutsche Künstler gewesen sein, der frühe sowjetische Prosa illustrierte. Er versah das berühmte Buch von Wssewolod Iwanow "Panzerzug Nr. 14-63" für den Verlag der KPD Carl Hoym (1923) mit einer Titelzeichnung, gleiches gilt für die Anthologie "Russische Erzählungen II" (ebenfalls Hoym 1923). Ein wichtiges, von ihm illustriertes Werk ist auch die Broschüre "Die technische Nothilfe als Klassenwaffe der Bourgeoisie gegen das Proletariat", erschienen in der Vereinigung internationaler Verlagsanstalten (Viva) im Jahr 1923.
Für den Dietz Verlag illustrierte er das Bändchen von Josef Maria Frank "Unus multorum" (1925), bereits ein Jahr vorher hatte er das Buch des Kulturhistorikers Friedrich Wendel "Geschichten Anekdoten" mit einer Titelvignette und einer Porträtkarikatur versehen. Ganz am Rande sei bemerkt, daß Friedrich Wendel auch ein Manuskript "Der Karikaturist Karl Holtz" verfaßte, das aber nie gedruckt wurde und nur noch in einem Exemplar im Nachlaß des Künstlers vorhanden ist.
Ein wichtiger Auftraggeber für Holtz war die schon erwähnte Vereinigung internationaler Verlagsanstalten (Viva), hier illustrierte er vornehmlich die Märchen-Bücher der Hermynia Zur Mühlen wie "Der kleine graue Hund" (1922), "Märchen" (1922), "Der Rosenstock" (1922), "Der Spatz" (1922) und "Warum?" (1922). Von den genannten Büchern liegt "Der kleine graue Hund" in einem Nachdruck des westdeutschen Asso-Verlages aus, dabei ist der Vergleich zwischen Originalillustration und Abdruck im Buch aufschlußreich. Zu fragen bliebe lediglich, weshalb kein DDR-Verlag einen Reprint der von ihm illustrierten Bücher veranstaltete, schließlich lebte Karl Holtz bis zu seinem Tode in der DDR. Ein bedeutendes Werk gelangt ihm mit der Märchensammlung von Hermynia Zur Mühlen "Das Schloß der Wahrheit", das 1924 im Verlag der Jugendinternationale erschienen ist - auch dieses Buch empfiehlt sich für einen Nachdruck. Zu sehen war weiter die Titelzeichnung (auch im Katalog abgebildet) zu Max Barthel, "Der Platz der Volksrache", erschienen im Neuen Deutschen Verlag 1924, und das Buch von Barthel "Der Putsch", das 1927 in der sozialdemokratischen Buchgemeinschaft "Der Bücherkreis" ediert wurde. Holtz ist auch der erste Illustrator von Rudolf Arnheim, seine hintergründig-pfiffigen Arbeiten zu den Arnheimschen Essays sind eine Köstlichkeit, das Buch mit den gesammelten Arnheim-Aufsätzen heißt "Stimme von der Galerie" und kam 1928 im Verlag von Dr. Benary mit einem Vorwort von Hans Reimann heraus. Daß Holtz übrigens auch zahlreiche Bücher von Hans Reimann so trefflich bebilderte, dankte ihm dieser bis ans Lebensende. Noch 1932 schuf Karl Holtz den Umschlag für "Das tolle Entenbuch", Auffenberg-Verlag, das eine Auswahl der besten Texte und Karikaturen (darunter zahlreiche von Holtz) aus der antifaschistischen satirischen Zeitung "Die Ente" enthält.
Zu der Zeit deutete sich bereits an, daß Karl Holtz 1933 keinerlei Entgegenkommen von den Nazis erwarten konnte, zu klarsichtig waren seine Arbeiten, insbesondere die in den Zeitschriften "Der Wahre Jacob", "Die Ente" und im "Vorwärts" gedruckten. In der Altenburger Ausstellung war das u. a. belegt durch die nur als Unikat überlieferte Lithographie "Weißer Terror", die einen Nazi mit einer blutdurchtränkten Hakenkreuzfahne und den Inschriften "Liebknecht", "Luxemburg", "Erzberger", "Rathenau", "Tausende von Arbeitern" sowie einen am Boden liegenden ermordeten Arbeiter zeigt (auch im Katalog). Das ist eine der wenigen antifaschistischen Arbeiten, die der Gestapo 1933 bei der Hausdurchsuchung nicht in die Hände fielen und so vor der Vernichtung bewahrt wurden. Holtz erhielt 1933 Berufsverbot. Jetzt wird in Berlin-Marzahn eine Straße den Namen des proletarischen Künstlers erhalten.
Die Verlage sind angehalten, sich dem vielschichtigen Werk von Karl Holtz zu widmen, jenes Karl Holtz, der zwar ein "Klassiker der Karikatur" (erscheint 1982) war, aber mehr als das.